12. Mai 2024
Allgemein

Die Grammatik des traditionellen Unterrichts und das Unterrichtsdesign im Deeper Learning

Grammatik des traditionellen Unterrichts und das Unterrichts-Design des Deeper Learning

In der Regel geht es im traditionellen Unterricht darum, einen Wissensbestand zu vermitteln, den die Lernenden versuchen sich einige Zeit einzuprägen, um dann ein einer punktuellen Prüfungssituation bewertet zu werden (vgl. Sliwka, Anne; Klopsch, Britta: Deeper learning in der Schule, Weinheim und Basel 2022, S. 43). Die Schüler*innen lernen den Stoff auswendig und behalten ihn eine gewisse Zeit im Kurzzeitgedächtnis. Die Inhalte werden aber wieder vergessen, wenn die Beschäftigung mit dem Thema aufhört, da die Inhalte nie richtig verankert waren. Es folgt ein Zyklus aus erfassen – merken – prüfen – vergessen.

Beim Deeper Learning werden Lernprozesse grundlegend anders gestaltet. Im Idealfall bereiten Lehrkräfte mit unterschiedlichen Fächern gemeinsam Werkstätten und Projekte vor, planen aus der Perspektive von Schüler*innen und schlüpfen damit auch eher in die Rolle von Lernenden.

  1. DNA im Deeper Learning: I. Meisterschaft/tiefgreifendes Fachwissen) aneignen: mastery

In der Phase der Aneignung von Wissen und der Bearbeitung von Aufgaben zu einem Thema oder Themenaspekt muss die Option enthalten sein, wählen zu dürfen. Das Wissensmanagement kann auf einer digitalen Lernplattform, z. B. einer Taskcard, abgelegt werden, der Einsatz von Advanced Organizern bietet sich ebenfalls an. Ein großes Thema kann in hinreichend großen Themenblöcken aufbereitet werden, so dass den Schüler*innen über Tutorials, Videoclips, Links oder Aufforderungen, Fachvorträgen von Experten außerhalb der Schule sowie Fachtexte zum Themenfeld mit unterschiedlichen Anspruchniveaus angeboten werden. Lernen kann hier sehr stark individualisiert werden. Lernende können sich z. B. Erklärvideos öfters anschauen, Expertisen von außen eingeholt werden (ebd., S. 24). Die Rolle der Lehrkraft ist es hier, zu unterstützen, zu ermutigen, auch schwierigere Level der Informationsdarstellung zu wählen.

Aufgaben zu bearbeiten, die knapp über dem eigenen Leistungsniveau liegen, ermöglichen positive Selbstresonanz. Und was noch nicht erreicht ist, kann noch erreicht werden. Es ist nur noch nicht erreicht. Gefördert werden vor allem Zeichen/Anzeichen, dass die Lernenden

  • ihre Komfortzone verlassen
  • Herausforderungen suchen
  • Anstrengungsbereitschaft erkennen lassen
  • zielorientiert arbeiten
  • Frustrationstoleranz entwickeln

Beispiel:

Es wird ein Intro in das Thema geben (als Show, als Quizz z. B. über digitale Tools wie Kahoot, Brainstorming in der Gruppe, gemeinsamer Einstieg durch einen Überblicksfilm).

Bereitgestellt werden Lernangebote mit unterschiedlichen Zugangswegen und medialer Aufbereitung wie Erklärvideos, Arbeitsblätter zum Download. Weil ein Fundamentum geschaffen werden muss, gibt es Basiswissen/Basisthemen, mit denen sich alle auseinandersetzen, aber in unterschiedlichen Geschwindigkeiten: Filme können mehrfach gesehen werden, Hilfen bei anderen Lernenden gesucht werden und die Niveaustufen von Aufträgen gewählt werden.

Wahlmöglichkeiten bestehen in der Vertiefung und in der Kreativen Aufgabenstellung: Schüler*innen können, müssen aber nicht alleine arbeiten. Gerade die Arbeit in Teams mit ähnlichen Interessen ermöglicht den Austausch, fördert automatisch die Fähigkeit zur Kommunikation, zur Kooperation, kritisch zu denken, somit überfachliche Kompetenzen (Hier bietet sich eine Taskcard an/padlets, weil eine große Transparenz besteht im Hinblick auf das gesamte Themenfeld )

Am Ende wird mithilfe eines Feedbackbogens oder eines digitalen Quizzes ermittelt, ob mind. 80 % – Beispielwert – erreicht wurden. Ansonsten gehen diese Schüler*innen mit den Lehrkräften in den Austausch über die Inhalte. Die Kompetenzraster im Hintergrund einer deeper learning-Einheit helfen zur Beurteilung, auf welchem „Level“ die Lernenden arbeiten und Kompetenzen erreicht haben. Diese Kompetenzraster sollen den Lernenden auch zur Verfügung stehen.

  1. DNA im Deeper Learning: Identität + kohärente Selbstwahrnehmung

Die Schüler*innen setzen eigene Schwerpunkte, sie wählen aus und können mit ihren eigenen Bedürfnissen, Interessen, Talenten andocken (S. 45). Denn eigentlich ist es kaum möglich, sich mit etwas zu beschäftigen, ohne sich dafür zu interessieren. Die Lernenden müssen also Wahlmöglichkeiten und Mitbestimmungsmöglichkeiten haben.

Gewählt wird ein Schwerpunkt, an dem die Schüler*innen weiterarbeiten möchten, ferner entscheiden müssen, mit wem. Es wird eine authentische Leistung erbracht, die widerspiegelt, welches Potential und welche Persönlichkeit jemand hat.

  1. DNA im Deeper Learning: Kreativität

Kinder haben die Grundfertigkeit, Dinge abzuwandeln, zu erproben, neu zu organisieren und im Erproben zu einem veränderten Ergebnis zu kommen. Sie könnten bspw. im Theaterspiel Inhalte neu organisieren, übertreiben, querzudenken, Gedichte umzuschreiben, Kochen ohne Rezepte, Nachbauten von Modellen, Produktion eines Videoclips, Entwickeln eines Rollenspiels, Befragung und Aufzeichnung oder Vorbereiten eines Experteninterviews (hybrid bspw.).

In diesem kreativen Prozess nehmen sich die Schüler*innen als handlungsfähig wahr, sie gestalten ihr Lernen und erleben es als bedeutungsvoll (ebd., S. 59). Sie präsentieren ihre Ergebnisse der Schulgemeinde, stellen diese anderen Kindern der Lerngruppe oder im Rahmen von Assemblys vor und erfahren so Selbstwirksamkeit und Erfolg.

Ziele, Motivation und Handlungen hängen eng zusammen. Es geht um die Entschlossenheit, die nächsten Schritte zu planen und gehen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen statt nur den festlegeleiten Anleitungen oder Anweisungen der Lehrkräfte zu folgen. Schüler*innen müssen sich als aktive Gestalter*innen ihres eigenen Lernprozesses begleiten, bedingt aber auch, dass sie mitbestimmen dürfen und Schwerpunkte setzen, die ihren Interessen entsprechen. Diesen Faden zu behalten, den eigenen Aneignungs- und Transformationsprozess zu begleiten, wird über das Logbuch abgestützt.